Donnerstag, März 01, 2007

Telekomunternehmen und der Content

Im Zentrum der letzten Woche stand ein Workshop bei einem bedeutenden Telekomunternehmen. Initiiert wurde der Termin von einer Gruppierung von Medienunternehmen. Von dieser Seite her beklagt man das mangelnde Verständnis der Telcos für die Bedeutung des Contents und insbesondere dessen Aufbereitung. Und damit verbunden das partnerschaftliche Grundrundverständnis, das künftig für eine Ausschöpfung der mit der Konvergenz verbundenen Marktchancen unabdingbar erforderlich erscheint.

Die Konvergenz der Medien (TV, Internet, Festnetz und Mobile) führt zum Umbruch im Kabelnetz-, Telekommunikations-, Fernseh- und Internetmarkt. Die Anbieter können sich nicht mehr mit einem Teil des Kuchens zufrieden geben, sondern müssen danach streben, (wieder) ein Versorgungs-Monopol aufzubauen. "Triple Play", die Kombination von Telefonie, Internet und TV wird im nächsten Schritt erweitert um Mobilfunkanwendungen. Für den Kunden soll damit eine einfache Möglichkeit geschaffen werden, einen Rund-um-Service aus einer Hand zu abonnieren.

Ein derartiges Konzept kann erfolgreich sein. Voraussetzung dazu ist allerdings ein attraktiver Content. Dieser unterscheidet sich wesentlich von der traditionellen „Darreichungsform“ traditioneller Print- und elektronischer Medienprodukte. Diese Konstellation ist brisant, weil das „konventionelle“ Fernsehen kaum mehr Wachstumsperspektiven aufweist, da ein junges Publikum zunehmend das interaktive Internet mit den Möglichkeiten der Personalisierung nutzt und zudem der Content für mobile Services ganz eigenen Gesetzen gehorcht.

So ist Triple Play oder gar Quadruple Play für die Telcos wenig Erfolg versprechend, wenn sie nicht in der Lage sind, sich den dafür erforderlichen, speziell zubereiteten attraktiven Content zu beschaffen. In der heutigen Konstellation bieten viele Telcos den potentiellen Lieferanten von Content für das Quadruple Play – zur Mehrheit die Medienindustrie und verwandte Dienstleister – nur bescheidene finanzielle Anreize. Die Neigung der Medienindustrie ist daher gross, sich ausgehend von vorhandenen Objekten mit einem eigenen Angebot zu befassen.

Die Konvergenz der TIME-Industrie zwingt zu einer Neukonzipierung der lokalen, nationalen und globalen Medienangebote. Geschieht dies nicht rechtzeitig, so werden die von den globalen Suchmaschinen getriebenen Dienste immer mehr Marktanteile in den herkömmlichen nationalen und regionalen Medien erobern. Das Inserateaufkommen sinkt weiter. Diese Entwicklung geht einher mit einem Wachstum der Werbeflächen, welche durch die Millionen von Seiten im Internet und insbesondere aus den Suchfunktionen heraus entstehen.

Innovative Medienprodukte erfordern ein Bündel von Ressourcen, welche von einer Anbieterkategorie allein (Telcos und Medien) nicht erfolgreich bereitgestellt werden kann. Dies trifft ganz besonders in der Konstellation europäischer nationaler und regionaler Märkte mit relativ bescheidenen Leser- und Inserentenzahlen zu.

Unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen der TIME-Industrie sollten die Telcos und die Medienindustrie einen Schulterschluss und ein grundsätzliches Commitment eingehen, welches geeignet ist, folgende Ziele zu erreichen:
  • Die bestehenden regionalen und nationalen Medienangebote stärken, indem die Telcos der Medienindustrie die entsprechenden „Gefässe“ zu attraktiven Konditionen zur Verfügung stellen, in denen diese ihren Content Erfolg versprechend verbreiten kann.
  • Für ausgewählte Themenbereiche mit einer entsprechenden Absenderkompetenz neue multimediale Dienste – für die es noch keine direkten Vorläufer gibt - für eine exklusive Kundschaft gemeinsam entwickeln und vermarkten.
  • Für die Zusammenarbeit Basisstandards und Bandbreiten der finanziellen Entschädigung für die beteiligten Akteure festlegen.
Nach diesem Workshop muss ich den Medienverantwortlichen mit ihrer Skepsis leider recht geben. Von der Unternehmenskultur her tun sich die Telcos offensichtlich schwer, sich auf die neue Konstellation angemessen einzustellen. Lässt sich hier keine Änderung herbeiführen, so ist ein weiterer Flop wie bei WAP und UMTS auch beim Quadruple-Play vorprogrammiert. Die damit verbundenen Chancen können nur bedingt ausgeschöpft werden. Dass sich insbesondere die grossen Telekomunternehmen über einen akuten Kundenschwund beklagen ist unter diesen Rahmenbedingungen alles andere als verwunderlich.

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