Nun ist die Nachfolgeregelung in Form des Teilverkaufs der Unternehmensgruppe vom Tisch. Dazu war allerdings der sanfte Druck wichtiger Aktionärskreise und der Banken erforderlich. In den letzten Tagen herrschte viel Hektik. Die erreichte Lösung mag allerdings kaum zu begeistern. Vor einigen Jahren kaum denkbar, musste sie vom Pionierunternehmer aus einer gewissen Defensivposition heraus akzeptiert werden.
Dennoch – er war über Jahrzehnte ein überaus tüchtiger Unternehmer. Aus kleinsten Anfängen hat er eine bedeutende Unternehmensgruppe mit einer europaweiten Dimension aufgebaut. Als noch kaum jemand die Perspektiven der osteuropäischen Märkte erkannte, hat er dort erste geschäftliche Kontakte angebahnt. Nach der politischen Wende trugen seine Anstrengungen reiche Früchte.
Seit über fünfzehn Jahren waren wir mit der Nachfolgeregelung beschäftigt. Wir hatten alles sorgfältig geplant. Im kleinen Kreis wurde eine strategische Analyse der vorhandenen Zukunftsoptionen erarbeitet. Mögliche Führungs- und Beteiligungsmodelle bearbeitet und konkretisiert. Als es dann um die konkrete Umsetzung ging, da schreckte er stets zurück. Er fand immer wieder Argumente, weshalb die unterschriftsreife Lösung nicht optimal und daher nicht umzusetzen sei. Es mangelte im Laufe der Jahre wahrlich nicht an attraktiven Angeboten - ganz im Gegenteil. Selbst die führenden Mitarbeiter waren bereit, sich finanziell massgeblich zu beteiligten. Ein klarer Beweis dafür, dass auch sie an die Zukunft des Unternehmens glaubten.
Er konnte von seinem Lebenswerk nie lassen. Zwischen uns hatte sich im Lauf der Jahre ein tiefes, freundschaftliches Verhältnis entwickelt. Deshalb konnte ich ihn auch offen auf seine Konstellation ansprechen. Ihm sichtbar machen, dass für ihn im Lebensablauf nun der Moment gekommen sei zu lassen. Den natürlichen biologischen Prozessen nicht krampfhaft paroli bieten zu wollen. Vielmehr akzeptieren, dankbar sein für das Erreichte, sich Neuem zuwenden. In meiner Anwesenheit wurden meine Ausführungen von ihm akzeptiert, mit nonverbalen Gesten deutlich bestätigt. Doch ganz in sein Innerstes drang ich offensichtlich mit meinen Ausführungen nicht. Ein paar Tage später klang es bei gelegentlichen Telefongesprächen schon wieder anders.
Er ist alles andere als ein Einzelfall. Er ist vielmehr Repräsentant einer tüchtigen Unternehmergeneration, welche nach dem Weltkrieg mit grossem persönlichen Einsatz ein Unternehmensgebilde geschaffen hat, auf welches er zu Recht stolz sein darf. Dann kommt aber schlussendlich die als tragisch zu bezeichnende Zeit, wo er seinem Lebenswerk selbst schadet.
Typisch auch die Unterredung unmittelbar nach dem Verkauf. Er legt mir die handschriftliche Skizze eines an sich interessant erscheinenden, innovativen Konzeptes aus einer Kombination von Etiketten und RFID-Technologien vor. Dies begleitet von der Bemerkung: Lass uns dies nochmals gemeinsam umsetzen! Ich erhalte von ihm den Auftrag, das Konzept kritisch zu überprüfen und zu konkretisieren. In seinen Augen erkenne ich wieder das mir bekannte Leuchten. Vor dem Hintergrund gemachter Erfahrungen werde ich in führungsmässiger und personeller Hinsicht klare Forderungen zu stellen haben, soll die Projektidee erfolgreich umgesetzt werden können.
Freitag, März 09, 2007
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