Es hat gerade gut gepasst. Ich hatte terminlich eine Lücke und befand mich am Standort einer bedeutenden Tiefdruckerei innerhalb der Unternehmensgruppe. Eine gute Gelegenheit zu einer Betriebsbesichtigung durch einen anwesenden Geschäftsführer. Immer wieder imposant, diese gigantischen Maschinen und Walzen. Welche Kräfte hier freigesetzt werden, welch minutiöses Zusammenspiel hier von den Vorstufen, über den Druck bis hin zur Veredlung erforderlich ist.
Dabei erinnerte ich mich fast unweigerlich an die Geburtsstunden der Unternehmensgruppe. Eine Mischung aus Zufall, Intuition, nach vorne orientierter unternehmerischer Kraft. Ich brauche nicht in meinen Unterlagen zu blättern, um mich an die Details zu erinnern. Ich kann es immer noch spontan wiedergeben.
Das Kataloggeschäft war seit jeher Segen und Fluch der Tiefdrucker zugleich. Zum einen füllt es während der Saison die Kapazitäten übervoll, zum andern bereiten einem in der Zwischensaison leere Kapazitäten Sorgen, welche sich kaum mit rentierenden Aufträgen füllen lassen. Hier war eine gute Deckungsbeitragsrechnung gefragt, wollte man einigermassen über die Runden zu kommen. Per Saldo war die Situation im deutschsprachigen Raum absolut unbefriedigend. Die Auftragsstrukturen für den Tiefdruckbereich waren im Vergleich mit ausländischen Anbietern unvorteilhaft.
Wir bekamen den Auftrag, systematisch nach potentiell interessante Auftragkategorien zwischen der Katalogsaison zu suchen. In dem Zusammenhang besuchten wir die wichtigsten Auftraggeber im Kataloggeschäft. Wir haben sie mit einem ausführlichen Fragebogen nach Ihnen Bedürfnissen befragt. Zudem haben wir sie mit neuen Dienstleistungen und Services vertraut gemacht, welche dank den neuen Technologien neu möglich wurden. Dies mit der Zielsetzung, interessante Marktfelder zu finden. Die Kunden haben dies sehr geschätzt. Einige haben sich sogar dahingehend geäussert, dass dies nun der erste Drucker sei, der sich nach den Bedürfnissen erkundige und auf neue Optionen aufmerksam mache.
Im Zusammenhang mit diesen Kundengesprächen wurde es uns klar, dass die Tendenz mittel- und langfristig zu personalisierten, individualisierten Katalogen und Mailings geht. Diesem Bedürfnis mussten wir Rechnung tragen. Wir haben zu diesem Zweck ein recht mutiges innovatives Geschäftsmodell entwickelt, welches es ermöglichen sollte, den gestellten Ansprüchen voll gerecht werden zu können.
Wir mussten erkennen, dass neben den angestammten Kapazitäten im Bereich des Tiefdrucks dringend entsprechende Partner und Fähigkeiten im Bereich Directmailing und insbesondere der Informatik erforderlich waren. In der Folge haben wir unsere Fühler nach möglichen Kandidaten ausgestreckt. Dabei stiessen wir auf einige Unternehmen, die wir von unserem neuen Geschäftsmodell voll überzeugen konnten. Sie wollten mitmachen und waren bereit, in die neue Gruppierung einzutreten. Nachdem auch die Banken vom Konzept überzeugt werden konnten, war man auch finanziell in der Lage, diese Firmen in den Unternehmensverbund zu integrieren.
Schon bald wurde erkennbar, dass das neue Geschäftsmodell greift. Dies war der Anlass, das Konzept schnellstmöglich auf eine europaweite Basis zu übertragen. Dies bevor der relevante Wettbewerb zu einer entsprechenden Reaktion bereit war. Es wurde in der Folge in ganz Europa eine Reihe von Firmen in den Unternehmensverbund aufgenommen. Es entstand so innert kurzer Zeit einer der führenden Anbieter im Bereich für Druck und Direktmarketing in Europa. Dieser Dienstleistungsverbund konnte so alle Leistungen rund um die Prozesse digitaler und gedruckter Kommunikation europaweit mit integrierte Lösungen rund um Print-Medien, Online-Medien und Direktmarketing abdecken.
Dieser Praxisfall zeigt auf, dass es – immer ein proaktives Handeln vorausgesetzt - sehr wohl möglich ist, sich innert kurzer Zeit aus einer strategischen Defensivposition erfolgreich herauszuarbeiten. Dies bedingt, dass die Kundenbedürfnisse gezielt aufgenommen und gestützt darauf ein neues Geschäftsmodell konsequent und mit viel unternehmerischer Kraft zügig umsetzt wird.
Freitag, Februar 09, 2007
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