Donnerstag, Februar 15, 2007

Gesellschaftergespräch zu strategischer Weichenstellung

Es war wieder einmal ein Review eines wichtigen strategischen Grundsatzentscheides angesagt, den ich mit einem kleinen Gesellschafterkreis zu besprechen hatte. Es ging darum, mit einfachen Worten einen komplexen Gesamtzusammenhang darzulegen. Ich habe mir das Vertrauen der Gesellschafter erworben und fühle mich daher noch mehr verpflichtet, mit meinem Urteil möglichst richtig zu liegen. Die Hinter-gründe lassen sich kurz wie folgt beschreiben:

Ein sich nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland aus kleinen Verhältnissen heraus entwickeltes Medienunternehmen hatte es zwischenzeitlich zu beachtlicher Grösse gebracht und eine Reihe von namhaften Beteiligungen erworben. Klarer Schwerpunkt der Aktivitäten war der lokale Bereich, wo man in verschiedenen Regionen eine Marktführerposition innehatte. Besonders starke Positionen besetzt man im Bereich der Tageszeitungen und dem Lokalradio. Aber auch bei Spezialverlagen sowie bei Fachverlagen besass man namhafte Beteiligungen.

Es bot sich nun die Möglichkeit, sich an einigen bedeutenden europäischen Titeln zu beteiligen. Es galt daher einen wichtigen Grundsatzentscheid zu fällen der da lautete: Soll man sich vor dem Hintergrund der vorhandenen unternehmerischen Ressourcen das angestammte (bekannte) lokale und regionale Mediengeschäft verlassen uns sich an überregionalen Titeln beteiligen? Wir sollten hiezu aus unserer unabhängigen, neutralen Position heraus zu Handen der Gesellschafter ein Gutachten mit einer klaren Empfehlung erarbeiten.

Ein derartiger Grundsatzenscheid liess sich nur fällen, wenn man die Medienentwicklung auf europäischer Ebene einer genauen Betrachtung unterzog. Zusammen mit einem spezialisierten Markforschungsinstitut haben wir für die wichtigsten Medienkategorien eine fundierte Beurteilung unter Berücksichtigung der relevanten Einflussgrössen vorgenommen. Wir wollten insbesondere wissen, wer als Gewinner der sich abzeichnenden Konvergenz der TIME-Industrie hervorgehen dürfte und welche Positionen es zu besetzen gilt, will man zu den Gewinnern zählen.

Früh kamen wir zum Schluss, dass für die Medienindustrie das Internet in erster Linie einen instrumentellen Charakter hatte. Wir wollten dabei sein, dies aber im Sinne einer wichtigen Ergänzung zu den Print-Medien. Die Suchmaschinentechnologie hingegen faszinierte uns. Sie erschien uns geeignet, mehr Wertschöpfung aus dem bestehenden Content generieren zu können. Hier erkannten wir interessante Geschäftsmodelle, welche wir für den Fall einer angemessenen Ausreifung von semantischen Suchsystemen nutzen wollen.

Dann hatten wir uns aber mit der Kernfrage zu beschäftigen, inwiefern die regionalen und überregionalen Aktivitäten im Medienbereich als kulturkompatibel zu erachten sind. Dabei kamen wir zum Schluss, dass ein Egagement im Medienbereich eine solide Kenntnis der regionalen Gegebenheiten voraussetzt. Ein gewisses Mass an lokaler Lobby im Bereich Tageszeitung und elektronische Medien ist dabei ein wichtiger Faktor, um die Risiken eines Engagements angemessen eingrenzen zu können. Die politische Komponente wird hier nie vernachlässigt werden dürfen. Natürlich lassen sich auch Konstellationen schaffen, welche eine treuhänderische Präsenz sicherstellen. Die dafür erforderlichen Aufwendungen sind jedoch gross, soll das Chancen-Risikenprofil eine vernünftige Ausprägung erfahren.

Zudem gehen wir davon aus, dass künftig die Wertschöpfung von lokalen Nachrichten bedeutend attraktiver ausfallen dürfte als die überregionalen und globalen Informationen. Zudem entwickelten wir unter Einsatz neuer stationärer und mobiler Technologien Geschäftsmodelle, welche uns eine kräftige lokale Drehscheibenfunktion unter Einbezug der wichtigsten Inserentenkreise versprechen. Wir erkannten, dass sich mit den vorhandenen und zu beschaffenden unternehmerischen Ressourcen künftig auf lokaler Ebene viel attraktivere Konstellationen ergeben als bei überregionalen oder gar europaweiten Titeln.

So gesehen bin ich in meinem Innersten überzeugt, mit meiner Auffassung richtig zu liegen. Ich hoffe für das Unternehmen und vor allem mich, dass ich das auch noch in zehn Jahren tun kann.

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