Donnerstag, April 05, 2007

Die Geschäftsleitung als Team schulen


Sie werden sich fragen: gibt es denn das...? Und damit haben Sie absolut recht. Institutionalisiert und professionell betrieben wird sie nur selten. Wie folgende Ausführungen darlegen, kann der Nutzen aber ein überaus Grosser sein...

Der Ursprung

Ich hatte mit dem Unternehmen zusammen mit KollegenInnen schon einige Zeit in Fragen der Strategie, Organisation und Führung zusammengearbeitet. Es hatte sich ein solides Vertrauensverhältnis gebildet. Die Ergebnisse entwickelten sich seit Kurzem erfreulich, nachdem man eine recht schwierige Zeit hinter sich hatte. Die Marktanteile waren rückläufig, die Ergebnisse unbefriedigend – die Verunsicherung generell gross. Endlich konnte man etwas aufatmen... Und gerade in dieser Phase traten nun erhebliche Spannungen in der Geschäftsleitung auf. Das Team funktionierte funktionierte nicht mehr. Anlässlich eines personellen Entscheides drohte die Situation zu eskalieren. In dieser Konstellation besann man sich meiner. Man rief mich zu einer Geschäftsleitungssitzung.

Der Ablauf

Die erste Sitzung verlief wenig strukturiert. Die Sicht der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder gingen weit auseinander. Ich versuchte die Aussagen zu spiegeln – die Sachaussagen in die Gefühlswelt der einzelnen Beteiligten zu übersetzen. Sichtbar zu machen, was offenbar schmerzt, verletzt, was freut, was ärgert. Zudem versuchte ich aufzuzeigen, dass es vor dem sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergrund der einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder ja gar nicht anders sein konnte - die Wahrnehmung musste eine andere sein. Es ging mir darum, Verständnis für die divergierenden Sichten zu gewinnen.

Damit war das gewisses Fundament für eine Rationalisierung der einzelnen sachlichen Standpunkte gelegt. Es war nicht so, dass man am Ende dieser Sitzung bereits einen Konsens erzielt hatte. Aber man hatte für die divergierende Sicht der Kollegen ein anderes Verständnis gewinnen können.

Die Institutionalisierung

Einige Tage später rief mich ein Mitglied dieser Geschäftsleitung an. Man hatte sich anlässlich weiterer GL-Sitzungen in den Standpunkten weiter annähern können. Recht spontan hätte dabei ein Kollege gesagt, dass man derartige Sitzungen mit mir institutionalisieren sollte. Seither treffen wir und mindestens alle zwei Monate oder je nach Bedarf kurzfristiger. Es hat sich ein natürliches Selbstverständnis für meine Anwesenheit entwickelt.

Die Mitglieder der Geschäftsleitung haben mich zudem gebeten, doch mit aller Offenheit und ohne Rücksichtnahme der Person diejenigen Punkte, welche mir auffallen, direkt anzusprechen. Damit würde ich bei der bestehenden Konstellation den grössten Nutzen stiften. Dies hat mich unweigerlich an die Rolle des Hofnarren an den Fürstenhöfen im Mittelalter erinnert. Bekanntlich hat es ihm seine Narrenfreiheit ermöglicht, ungestraft Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben.

Erfolgsentscheidend ist nämlich das Geschäftsleitungsteam

WDP Projektmanagement hat zusammen mit einem Bankinstitut vor einigen Jahren eine Studie durchgeführt, welche eine repräsentative Anzahl besonders erfolgreicher Unternehmen (20) mit denjenigen verglich, welche seit Jahren hart zu kämpfen hatten (ebenfalls 20 / in der Folge als die "Kämpfenden" bezeichnet). Dabei wurden mit den Geschäftsleitungsmitgliedern Einzelgespräche und zusammen im Geschäftsleitungsteam geführt. Für die einzelnen Fragen aus den Themenbereichen Strategie, Führung, Organisation usw. wurde eine Bewertung auf einer Skala von Eins bis Zehn vorgenommen.*

Dabei hat es sich gezeigt, dass die grossen Unterschiede zwischen den Erfolgreichen und den Kämpfenden auf der Ebene Geschäftsleitung im Teamverhalten und nicht bei den einzelnen GL-Mitgliedern lagen (siehe auch obenstehende Abbildung). So klassierten sich unter den ersten 20 Teams nur 4 (20%) aus der Kategorie der Kämpfenden, wobei sich das bestklassierte Team erst im Rang 9 befand. Bei den einzelnen GL-Mitgliedern hingegen finden sich unter den ersten 20 Rängen 8 Kandidaten (40%) von den Kämpfenden. Damit war empirisch belegt, dass das Team für den finanziellen Erfolg bedeutender ist als die einzelnen Geschäftsleitungsmitglieder.


Eine Ausbildungslücke, welche es zu schliessen gilt

Alle Kategorien von Mitarbeitern werden geschult und periodischen Assessments unterzogen. Nur das Teamverhalten der Geschäftsleitung inkl. dasjenige der Oberleitungsorgane scheint eine Tabuzone zu sein. Dabei ist es gerade hier von grosser Bedeutung, dass die Team-Mechanismen gut spielen.

Zwischenzeitlich habe ich meine Erfahrungen mit diesem Kunden in ein Dienstleistungspaket unter dem Titel „Management Session“ eingebracht. Es wird zwischenzeitlich von weiteren Unternehmen beansprucht – der grosse Renner ist es aber nicht. An sich erstaunlich, dass ausbildungsmässig auf Ebene der Geschäftsleitung betreffend Gruppendynamik so wenig getan wird.


* Über diesen Themenbereich referiere ich anlässlich des WDP Forum 2007 vom Donnerstag, 6. September im Stade de Suisse in Bern. Siehe dazu auch www.wdpmc.ch unter AKTUELL/Vorträge.

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