Donnerstag, Februar 22, 2007

Veränderte Umstände bei den Telefonbuchverlagen

Der Workshop mit der Geschäftsleitung eines bedeutenden Telefonbuchverlages verlief gut. Dennoch ist nicht zu verkennen, dass die Herausforderungen in den nächsten Jahren gewaltig sein werden, soll das gute Ertragsniveau nur annähernd gehalten werden können. Die heile Welt der 90er Jahre ist endgültig vorbei. Die oligopolistische Position ist ins Wanken geraten. Vorhandenen Stärken wie Fähigkeit zur Verarbeitung von Massendaten und deren Aufbereitung sind nicht mehr tragend. Demensprechend gedrückt war unterschwellig die Stimmung am Workshop. Man hat zwar darüber nicht offen gesprochen. Dennoch war nicht zu verkennen, dass sich der eine oder andere Teilnehmer überfordert gefühlt hat. Es war nicht mehr seine Welt, in der er sich geborgen fühlt. Zu abstrakt ist für ihn das Geschäft geworden.

Meine Initiative gegen Ende der 90er Jahre, eine gemeinsame Suchmaschine der deutschen Telefonbuchverleger als Antwort auf Yahoo und Google ins Leben zu rufen ist leider gescheitert. Es gelang mir nicht, den Entscheidern die Bedeutung von Suchmaschinen richtig zu kommunizieren. Wobei, ich gestehe es offen ein, auch ich hatte damals die Tragweite von entsprechenden Suchmaschinen für die Aufbereitung des Content auch noch nicht richtig gesehen und unterschätzt.

Es sind für die Telefonbuchverlage neue Geschäftsmodelle gefragt, welche der Substitution im Printbereich wirksam begegnen können. Ich glaube, wir sind fündig gefunden. Haben diese mit den Teilnehmern intensiv diskutiert und in kleinen Arbeitsgruppen für einzelne Themenbereiche konkretisiert. Die Akzeptanz bei den Teilnehmern war entsprechend gross. Die von den Telefonbuchverlagen einzunehmende Rolle als lokale Plattform unter Einschluss des ansässigen Gewerbes ist ermutigend. Generiert Marktmacht und verspricht daher auch in ertragsmässiger Hinsicht Einiges. Der vorhandene Content kann in Verbindung mit einer neuen Generation von Suchmaschinen werthaltiger gestaltet werden. Für die Inserenten ergeben sich mit interaktiven Services neue Perspektiven in der Werbung. Die Aussenorganisation kann mit diesen Services eine grössere Wertschöpfung generieren. An sich lichte Perspektiven.

Für eine erfolgreiche Umsetzung sind allerdings Fähigkeiten und Ressourcen gefragt, über welche die Telefonbuchverlage heute nur bedingt verfügen. Das heisst, es bedarf strategischer Allianzen. Ob wohl hier die Bereitschaft da ist? Gelingt es, die entsprechende Unternehmenskultur aufzubauen? Ist man in der Lage, auf die sich immer wieder verändernden Rahmenbedingungen schnell genug zu handeln respektive zu entscheiden?

Fragen über Fragen, deren Beantwortung mir heute noch schwer fällt.

Donnerstag, Februar 15, 2007

Gesellschaftergespräch zu strategischer Weichenstellung

Es war wieder einmal ein Review eines wichtigen strategischen Grundsatzentscheides angesagt, den ich mit einem kleinen Gesellschafterkreis zu besprechen hatte. Es ging darum, mit einfachen Worten einen komplexen Gesamtzusammenhang darzulegen. Ich habe mir das Vertrauen der Gesellschafter erworben und fühle mich daher noch mehr verpflichtet, mit meinem Urteil möglichst richtig zu liegen. Die Hinter-gründe lassen sich kurz wie folgt beschreiben:

Ein sich nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland aus kleinen Verhältnissen heraus entwickeltes Medienunternehmen hatte es zwischenzeitlich zu beachtlicher Grösse gebracht und eine Reihe von namhaften Beteiligungen erworben. Klarer Schwerpunkt der Aktivitäten war der lokale Bereich, wo man in verschiedenen Regionen eine Marktführerposition innehatte. Besonders starke Positionen besetzt man im Bereich der Tageszeitungen und dem Lokalradio. Aber auch bei Spezialverlagen sowie bei Fachverlagen besass man namhafte Beteiligungen.

Es bot sich nun die Möglichkeit, sich an einigen bedeutenden europäischen Titeln zu beteiligen. Es galt daher einen wichtigen Grundsatzentscheid zu fällen der da lautete: Soll man sich vor dem Hintergrund der vorhandenen unternehmerischen Ressourcen das angestammte (bekannte) lokale und regionale Mediengeschäft verlassen uns sich an überregionalen Titeln beteiligen? Wir sollten hiezu aus unserer unabhängigen, neutralen Position heraus zu Handen der Gesellschafter ein Gutachten mit einer klaren Empfehlung erarbeiten.

Ein derartiger Grundsatzenscheid liess sich nur fällen, wenn man die Medienentwicklung auf europäischer Ebene einer genauen Betrachtung unterzog. Zusammen mit einem spezialisierten Markforschungsinstitut haben wir für die wichtigsten Medienkategorien eine fundierte Beurteilung unter Berücksichtigung der relevanten Einflussgrössen vorgenommen. Wir wollten insbesondere wissen, wer als Gewinner der sich abzeichnenden Konvergenz der TIME-Industrie hervorgehen dürfte und welche Positionen es zu besetzen gilt, will man zu den Gewinnern zählen.

Früh kamen wir zum Schluss, dass für die Medienindustrie das Internet in erster Linie einen instrumentellen Charakter hatte. Wir wollten dabei sein, dies aber im Sinne einer wichtigen Ergänzung zu den Print-Medien. Die Suchmaschinentechnologie hingegen faszinierte uns. Sie erschien uns geeignet, mehr Wertschöpfung aus dem bestehenden Content generieren zu können. Hier erkannten wir interessante Geschäftsmodelle, welche wir für den Fall einer angemessenen Ausreifung von semantischen Suchsystemen nutzen wollen.

Dann hatten wir uns aber mit der Kernfrage zu beschäftigen, inwiefern die regionalen und überregionalen Aktivitäten im Medienbereich als kulturkompatibel zu erachten sind. Dabei kamen wir zum Schluss, dass ein Egagement im Medienbereich eine solide Kenntnis der regionalen Gegebenheiten voraussetzt. Ein gewisses Mass an lokaler Lobby im Bereich Tageszeitung und elektronische Medien ist dabei ein wichtiger Faktor, um die Risiken eines Engagements angemessen eingrenzen zu können. Die politische Komponente wird hier nie vernachlässigt werden dürfen. Natürlich lassen sich auch Konstellationen schaffen, welche eine treuhänderische Präsenz sicherstellen. Die dafür erforderlichen Aufwendungen sind jedoch gross, soll das Chancen-Risikenprofil eine vernünftige Ausprägung erfahren.

Zudem gehen wir davon aus, dass künftig die Wertschöpfung von lokalen Nachrichten bedeutend attraktiver ausfallen dürfte als die überregionalen und globalen Informationen. Zudem entwickelten wir unter Einsatz neuer stationärer und mobiler Technologien Geschäftsmodelle, welche uns eine kräftige lokale Drehscheibenfunktion unter Einbezug der wichtigsten Inserentenkreise versprechen. Wir erkannten, dass sich mit den vorhandenen und zu beschaffenden unternehmerischen Ressourcen künftig auf lokaler Ebene viel attraktivere Konstellationen ergeben als bei überregionalen oder gar europaweiten Titeln.

So gesehen bin ich in meinem Innersten überzeugt, mit meiner Auffassung richtig zu liegen. Ich hoffe für das Unternehmen und vor allem mich, dass ich das auch noch in zehn Jahren tun kann.

Freitag, Februar 09, 2007

Betriebsbesichtigung mit Rückblick

Es hat gerade gut gepasst. Ich hatte terminlich eine Lücke und befand mich am Standort einer bedeutenden Tiefdruckerei innerhalb der Unternehmensgruppe. Eine gute Gelegenheit zu einer Betriebsbesichtigung durch einen anwesenden Geschäftsführer. Immer wieder imposant, diese gigantischen Maschinen und Walzen. Welche Kräfte hier freigesetzt werden, welch minutiöses Zusammenspiel hier von den Vorstufen, über den Druck bis hin zur Veredlung erforderlich ist.

Dabei erinnerte ich mich fast unweigerlich an die Geburtsstunden der Unternehmensgruppe. Eine Mischung aus Zufall, Intuition, nach vorne orientierter unternehmerischer Kraft. Ich brauche nicht in meinen Unterlagen zu blättern, um mich an die Details zu erinnern. Ich kann es immer noch spontan wiedergeben.

Das Kataloggeschäft war seit jeher Segen und Fluch der Tiefdrucker zugleich. Zum einen füllt es während der Saison die Kapazitäten übervoll, zum andern bereiten einem in der Zwischensaison leere Kapazitäten Sorgen, welche sich kaum mit rentierenden Aufträgen füllen lassen. Hier war eine gute Deckungsbeitragsrechnung gefragt, wollte man einigermassen über die Runden zu kommen. Per Saldo war die Situation im deutschsprachigen Raum absolut unbefriedigend. Die Auftragsstrukturen für den Tiefdruckbereich waren im Vergleich mit ausländischen Anbietern unvorteilhaft.

Wir bekamen den Auftrag, systematisch nach potentiell interessante Auftragkategorien zwischen der Katalogsaison zu suchen. In dem Zusammenhang besuchten wir die wichtigsten Auftraggeber im Kataloggeschäft. Wir haben sie mit einem ausführlichen Fragebogen nach Ihnen Bedürfnissen befragt. Zudem haben wir sie mit neuen Dienstleistungen und Services vertraut gemacht, welche dank den neuen Technologien neu möglich wurden. Dies mit der Zielsetzung, interessante Marktfelder zu finden. Die Kunden haben dies sehr geschätzt. Einige haben sich sogar dahingehend geäussert, dass dies nun der erste Drucker sei, der sich nach den Bedürfnissen erkundige und auf neue Optionen aufmerksam mache.

Im Zusammenhang mit diesen Kundengesprächen wurde es uns klar, dass die Tendenz mittel- und langfristig zu personalisierten, individualisierten Katalogen und Mailings geht. Diesem Bedürfnis mussten wir Rechnung tragen. Wir haben zu diesem Zweck ein recht mutiges innovatives Geschäftsmodell entwickelt, welches es ermöglichen sollte, den gestellten Ansprüchen voll gerecht werden zu können.

Wir mussten erkennen, dass neben den angestammten Kapazitäten im Bereich des Tiefdrucks dringend entsprechende Partner und Fähigkeiten im Bereich Directmailing und insbesondere der Informatik erforderlich waren. In der Folge haben wir unsere Fühler nach möglichen Kandidaten ausgestreckt. Dabei stiessen wir auf einige Unternehmen, die wir von unserem neuen Geschäftsmodell voll überzeugen konnten. Sie wollten mitmachen und waren bereit, in die neue Gruppierung einzutreten. Nachdem auch die Banken vom Konzept überzeugt werden konnten, war man auch finanziell in der Lage, diese Firmen in den Unternehmensverbund zu integrieren.

Schon bald wurde erkennbar, dass das neue Geschäftsmodell greift. Dies war der Anlass, das Konzept schnellstmöglich auf eine europaweite Basis zu übertragen. Dies bevor der relevante Wettbewerb zu einer entsprechenden Reaktion bereit war. Es wurde in der Folge in ganz Europa eine Reihe von Firmen in den Unternehmensverbund aufgenommen. Es entstand so innert kurzer Zeit einer der führenden Anbieter im Bereich für Druck und Direktmarketing in Europa. Dieser Dienstleistungsverbund konnte so alle Leistungen rund um die Prozesse digitaler und gedruckter Kommunikation europaweit mit integrierte Lösungen rund um Print-Medien, Online-Medien und Direktmarketing abdecken.

Dieser Praxisfall zeigt auf, dass es – immer ein proaktives Handeln vorausgesetzt - sehr wohl möglich ist, sich innert kurzer Zeit aus einer strategischen Defensivposition erfolgreich herauszuarbeiten. Dies bedingt, dass die Kundenbedürfnisse gezielt aufgenommen und gestützt darauf ein neues Geschäftsmodell konsequent und mit viel unternehmerischer Kraft zügig umsetzt wird.

Dienstag, Februar 06, 2007

Innovationsmanagement braucht die richtige Atmosphäre

Nun ist sie zu Ende gegangen. Die Serie von Kreativitätsworkshops bei einem bedeutenden deutschen Chemie- und Pharmakonzern. Es ging darum, die Perspektiven neuer Technologien im Verpackungsbereich bezüglich Kostensenkungspotentiale und neuer Funktionalitäten mit einem Kreis von MitarbeiternInnen zu beleuchten und konkrete Massnahmen abzuleiten. Über die erzielten Ergebnisse sind schlussendlich alle stolz. Dies nachdem der Start vor einem halben Jahr alles andere als viel versprechend war.

Der Kreis der Teilnehmer setzte sich aus Einkäufern, Designern, Logistikern und Spezialisten der Faltschachtelproduktion zusammen. Ich hatte die Aufgabe, den Workshop zu strukturieren und aktiv zu moderieren. Anlässlich des ersten Workshops waren einige langjährige Teilnehmer nach der Vorstellungsrunde zuerst einmal überrascht, dass man sich bisher trotz verwandter Funktionen im Konzern noch nie gesehen hatte. Danach war bezüglich der spontanen Meinungsäusserungen vorerst eine auffallende Zurückhaltung bei denjenigen spürbar, bei denen ein Vorgesetzter mit anwesend war. Man wollte sich im Bewusstsein um das hierarchische Gefälle nicht zu sehr exponieren. Zuerst sollten sich die Vorgesetzten zu den diskutierten Themenbereichen äussern. Erst danach war man bereit, sich zu Wort zu melden.

Es bedurfte hier meiner ausdrücklichen Einflussnahme, um den spontanen Prozess der Meinungsäußerung langsam in Gang zu setzen. Als dies einmal geschafft war, so sprudelten die Ideen schlussendlich nur so. Dies sowohl zu den Möglichkeiten von Kostensenkungen durch neue logistische Konzepte, eine Optimierung der Losgrössen, der Formate usw. Besonders ergiebig gestalteten sich die Workshops im Bereich der Qualitätssicherung. Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (semantische Systeme) sahen die Teilnehmer die Möglichkeit, auffällige Abweichungen bei den Bestell- und Dispositionsprozessen zu minimieren. Gerade bei den (Dauer-)Bestellungen, welche nur kleinere Abweichungen gegenüber den Standards beinhalteten, passieren immer wieder Fehler mit teils fatalen Auswirkungen. In der Möglichkeit, diese Wiederholaufträge in Datenbanken strukturiert abzulegen und dann anhand des Algorithmus eines semantischen Systems auf Auffälligkeiten hin zu untersuchen sahen die Teilnehmer einen eigentlichen Durchbruch zur erfolgreichen Fehlervermeidung.

Aber auch bezüglich der Kommunikationsfunktion der Verpackung förderte der Teilnehmerkreis eine Vielzahl von interessanten Ideen zutage. Die Perspektive, dank dem Einsatz der RFID-Technologie auf der Verpackung mit dem Endverbraucher auf vielfältige Weise kommunizieren zu können, erschien den meisten eine neue Dimension der Kundenkommunikation und Kundenbindung zu eröffnen. Nachbestellungen per Handy, der direkte Zugriff zu den Informationen des Beipackzettels, die Orientierung über neue Medikamente – das waren nur so einige der Ideen, welche in der Folge durch kleinere Gruppen vertieft behandelt und konkretisiert wurden.

Das Zusammensein an den Abenden war geprägt von angeregten Fachdiskussionen, welche den Anwesenden offenbar Spass bereiteten. Es entstand ein besseres gegenseitiges Verständnis für die Zwänge und Probleme des Andern. Die anfangs gehemmte Atmosphäre hatte sich gelegt und war einer offenen und unbeschwerten Grundhaltung praktisch sämtlicher Teilnehmer gewichen. Als Moderator der Veranstaltung liess ich mich ebenfalls von der guten Stimmungslage beeinflussen. Meinem Schweizer Dialekt gewährte ich mehr als sonst einen auffallend freien Lauf. Dies nicht zuletzt im Wissen, dass sich mein Einsatz gelohnt und nutzenträchtig war.