Dienstag, April 24, 2007

Erfolgsfaktoren – oder was erfolgreiche Unternehmen anders machen

In enger Zusammenarbeit mit einem bedeutenden Bankinstitut haben wir je zwanzig sehr erfolgreiche Unternehmen solchen gegenübergestellt, welche seit Jahren hart um ihre Existenz zu kämpfen (in der Folge als die „Kämpfenden“ bezeichnet) haben. Es sollten Erfolgsfaktoren herausgearbeitet werden, welche dazu dienen, die Bonität von Unternehmen besser bewerten zu können. Die Ergebnisse fielen teilweise überraschend aus

Mit Basel II sind die Anforderungen für das Rating von Unternehmen gestiegen. Was lag für ein Bankinstitut, das seit Jahrzehnten die finanziellen Ergebnisse von Tausenden von Kunden im Rahmen einer Bilanz- und Erfolgsanalyse systematisch auswertet näher als die Erfolgreichsten systematisch mit den Kämpfenden zu vergleichen. Für uns als Unternehmensberater andererseits war es reizvoll, mit einer vertieften Analyse dieser Unternehmen wertvolle Anhaltspunkte darüber zu gewinnen, was offensichtlich den unternehmerischen Erfolg ausmacht.

Für uns hat sich der im Zusammenhang mit dem Projekt geleistete Aufwand gelohnt. Es gelang uns, klare Unterscheidungsmerkmale herauszuarbeiten und daraus Erfolgsfaktoren abzuleiten. Wir sind seither in der Lage, mit einem bescheidenen Aufwand unseren Kunden wichtige Handlungsempfehlungen zu erteilen. Bei vielen unserer Kunden hat sich die Ergebnissituation denn auch signifikant verbessert.

Für das Bankinstitut hingegen ging die Rechnung nur teilweise auf. Wir mussten feststellen, dass es schwierig wenn nicht gar unmöglich ist, einige Erfolgsfaktoren als Aussenstehender messen zu können. Damit wurde eines der Ziele, nämlich als Bankinstitutes anhand von Kennzahlen mehr oder weniger automatisiert die Bonität eines Kunden und dessen Zukunftsperspektiven verlässlich zu messen nicht voll erreicht.

Nun aber zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren, welche stichwortartig kommentiert werden sollen:*

Die Berechenbarkeit der Führungskräfte
Für uns etwas überraschend weisen die erfolgreichen Unternehmen bezüglich dieses Kriteriums praktisch ausnahmslos hohe Werte aus. Kaum ein Unternehmen verfügt über Führungskräfte, die von den Mitarbeitern als schwer berechenbar in ihrem Verhalten bezeichnet werden. Wie auch immer deren Persönlichkeitsstruktur aussieht – man geht davon aus, dass sie in ihren Beurteilungen und ihrem Entscheidverhalten berechenbar sind. Das bringt Ruhe ins Unternehmen. Es werden keine unnötigen Kräfte verpufft – man kann sich auf sein Aufgabenspektrum konzentrieren. Diese Ruhe ist wohltuend und beflügelt zu überdurchschnittlichen Leistungen.

Geschäftsleitung als Team
Über diesen Aspekt habe ich in einem vorhergehenden Blog bereits berichtet. Wir haben festgestellt, dass die Erfolgreichen Geschäftsleitungsmitglieder aufweisen, welche sich von ihren Persönlichkeitsmerkmalen her gut ergänzen. Dabei ist es nicht etwa die Homogenität der Persönlichkeiten, welche den Erfolg begünstigt. Vielmehr sind es die ergänzenden Momente, welche die Differenz ausmachen.

Idealerweise weisen also die Geschäftsleitungsmitglieder unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale auf, welche sich dann aber ideal ergänzen. Stärken und Schwächen gleichen sich aus. Die Geschäftsleitungssitzungen werden als herausfordernd und spannend bezeichnet. Dazu gehört selbstredend die Grösse der Beteiligten, das Anderssein zu akzeptieren.

Gleichgewicht
Von besonderer Bedeutung scheint das Gleichgewicht zwischen strategischen und operativen Funktionen zu sein. Besonders interessant in diesem Zusammenhang war die Feststellung, dass sich ein beachtlicher Teil der erfolglosen Unternehmen intensiv mit strategischen Fragen auseinandersetzt. Sie kommen dann aber vor lauter strategischen Überlegungen nicht mehr dazu, operativ kräftig zu handeln.

Der andere Teil der kämpfenden Unternehmen hingegen vernachlässigt strategische Aspekte sträflich. Bei praktisch allen kämpfenden Unternehmen sind bezüglich des Gleichgewichts zwischen strategischen und operativen Aspekten empfindliche Ungleichgewichte festzustellen. Die erfolgreichen Unternehmen hingegen befinden sich diesbezüglich praktisch alle in einem guten Gleichgewicht.

Eigensinn
Das Wort hat zu unrecht einen negativen Beigeschmack. Denn die besonders erfolgreichen Unternehmen sind praktisch alle als eigensinnig zu bezeichnen. Sie sind zwar durchaus offen für sich abzeichnende, generelle Entwicklungstendenzen – interpretieren diese jedoch gemäss ihrem eigenen Sinn. Eine wichtige Grundlage für ein unverwechselbares Profil. Damit ist ein markanter Marktauftritt verbunden.

Wobei – der Grat hin zum Starrsinn ist ein schmaler. Eine Gefahr, welche latent immer vorhanden ist. Und daran ist bekanntlich schon manch verdienstvoller Pionier in seinen späten Jahren gescheitert.

Chancenverwerter-Kultur
Besonders auffällig sind die Unterschiede zwischen den beiden Unternehmenskategorien bezüglich der Fähigkeit zur Verwertung sich ergebender Chancen. Die Anzahl der sich ergebenden interessanten Geschäftsmöglichkeiten sind so unterschiedlich offenbar nicht. Der grosse Unterschied besteht vielmehr darin, welche Fähigkeit man hat, diese gezielt, selbstsicher und mutig auszunutzen.

Hier liegt ein empfindliches Manko der Kämpfenden. Sie sind so mit sich selbst, ihrem Überlebenskampf derart beschäftigt, dass die Energien fehlen, um zur kräftigen, von einem gesunden Optimismus getragenen Offensive auszuholen.

Timing-Kultur
Wie in einem vorhergehenden Bolg bereits ausgeführt, fehlt es hier vielen der kämpfenden Unternehmen an der notwenigen Geschicklichkeit und vor allem an der Systematik. Man liegt hier fast immer falsch. Mal zu früh und dann wieder zu spät. Der damit verbundene Verschleiss an finanziellen und personellen Ressourcen ist gross. Und vor allem, die Fokussierung fehlt dann, wenn die Zeit für ein Produkt oder eine Dienstleistung reif ist.

Konzentration aufs Wesentliche
Ein eigentliches Übel praktisch aller Kämpfenden stellt der Mangel an Konzentration aufs Wesentliche dar. Dies darf nicht mit der Konzentration auf die Kernkompetenzen verwechselt werden. Vielmehr sind die kämpfenden Unternehmen schlicht nicht in der Lage, die für sie relevanten Informationen sorgsam herauszufiltern und daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Man kümmert sich um (zu) Vieles, wendet dafür viel Zeit auf, wird verunsichert und damit entscheidungsunfähig. Man zaudert, man wartet stets auf noch verlässlichere Informationen, will sehen, was der relevante Wettbewerb tut usw. Darin verborgen ist bereits der Keim des Misserfolges.

Sucht man nun nach einem geeigneten Lehrmeister, um diesen Erfolgsfaktoren gerecht zu werden, so ist dieser nicht in erster Linie bei einem Dozenten für betriebswirtschaftliche Unternehmensführung zu suchen. Die wichtigsten und verlässlichsten Erkenntnisse gewinnen wir vielmehr aus den wundersamen Vorgängen in der Natur (Bionik) und nicht zuletzt aus den Mechanismen unseres eigenen Körpers. Besonders interessant und aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang zudem die Erfolgskriterien bei der schönsten Nebensächlichkeit der Welt – dem Fussballsport.

* Über diese Themenbereiche referiere ich ausführlich anlässlich des WDP Forum 2007 vom Donnerstag, 6. September im Stade de Suisse in Bern. Siehe dazu auch www.wdpmc.ch unter AKTUELL/Vorträge.

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